So habe ich die Schwaben noch nie gesehen, ehrlich. Hurensöhne hört sich doch echt
nett an, so völlig befreit von gesellschaftlicher Konvention, ein Zufallsprodukt jenseits des verstaubten konservativen Familienmodells à la Ursula vdL. Womöglich noch mit äußerst lockerer Sexualmoral? Egal ob genetischen oder sozialen Ursprungs. Wie sympathisch! Ich meine, im Œuvre von Pedro Almodóvar kommen Hurensöhne doch ganz gut weg, z. B. in Live Flesh. Natürlich hat so ein antiquierter Begriff auch seinen Reiz, insbesondere wenn er unerwartet von einem Vertreter jener Generation verwendet wird, die erst vor ein paar Jahren sprechen gelernt hat! Ganz erstaunlich, wo die das immer her haben?

Das "Statement" ist natürlich nicht befreit, wie Proskauer ganz richtig bemerkt, sondern in der singenden Verknüpfung und erschlaffenden Intonation seiner fünf Worte ein Symptom von Phase drei (1,5 ‰) des klassischen Alkoholmissbrauchs (Kontaktfreudigkeit, Abnahme der Kritikfähigkeit, Plaudersucht, Selbstgespräch, Stottern und Schwanken). Schuld daran könnte eine dieser berüchtigten "Flatrates" sein, aber das bleibt hier Spekulation. "Allah" oder "Ald(t)er" gibt tatsächlich deutliche Hinweise auf den Ursprung des Ausdrucks "Hurensohn". Leider doch keine Wiedergeburt aus dem Mund eines Jüngers der alten sprachlichen Schule. Nein, hier hat eine ältere Respektsperson (Allah/Alter) aus dem Off souffliert, hat ein Mentor seine moralische Integrität missbraucht, um seinen Schutzbefohlenen der allgemeinen Lächerlichkeit preiszugeben. Wir können nur vermuten, ob es sich dabei um den älteren Bruder, den Vater, den Jugendbetreuer oder einfach um ein höherrangiges Mitglied einer Gruppe Halbstarker handelt. Immerhin kennen die meisten von uns den Trieb der Jüngsten in solchen rein männlichen Gruppen, sich unablässig zum Horst zu machen. Eine darauf aufsetzende Frage führt zwangslaufig zum Erfolg und bedarf keinesweg der hohen Kunst geschickter Suggestion. Nicht völlig auszuschließen, dass eine pädagogische Absicht dahinter steckte. Nach solch blamablem Videoauftritt im deutschen Sprachraum nie wieder ein Schluck Alkohol? War dies das Ziel? Wir wissen es nicht.

Welche Wirkung hätte dieselbe Aussage auf uns gemacht, wäre sie ernsthaft und klar formuliert, doch in gelassenem Ton, quasi en passant, wie eine allgemein bekannte Tatsache, ein tiefes Wissen, eine alte Weisheit, eine anthropologische Selbstverständlichkeit, den anderen Stämmen deutscher Sprache bekannt und geläufig, präsentiert worden?

Das lässt mich dann doch wieder zur These "Die Schwaben sind Hurensöhne" zurückkommen. Aus welcher Quelle sie auch immer stammt: Es bleibt doch nur eine charmante Zuschreibung ohne Beleg.