Sonntag bei den Eltern
Natürlich liegt mir nichts ferner, als mich über meine Eltern zu beschweren. Das stünde mir auch gar nicht zu und wäre zutiefst undankbar, schließlich wohne ich aus freien Stücken in ihrem Haus. Bei Lichte besehen ist es auch eine ziemlich bequeme Angelegenheit: Ich muss mich nur in Ausnahmefällen an Hausarbeiten beteiligen, mir wird kein Kostgeld abgezogen und kleinere Gefallen, wie einen Brief zur Post zu bringen, oder ein Kleidungsstück in die Reinigung, werden mir stets bereitwillig abgenommen.
Zudem wäre es gefährlich, an dieser Stelle allzu negativ über die Beiden abzulästern, weil diese rüstigen Rentner bekanntermaßen nicht nur auf Teneriffa sondern auch im Internet unterwegs sind. Streng genommen ist es auch gar nicht so, dass sie mich stören würden, es sind mehr ihre Angewohnheiten. Heute Vormittag beispielsweise schallte eine nervenzehrende Arie durchs Haus - in ohrenbetäubender Lautstärke! Verkehrte Welt, dachte ich mir, normalerweise stören sich doch eher Eltern am Musikgeschmack ihrer Kinder. Grade als ich dachte, ich hätte es hinter mir, folgte die Übertragung eines Gottesdienstes im Deutschlandfunk...
Dazu kommt mir eine Anekdote in den Sinn, die auch für die Leser/innen des Schwabengulag interessant sein könnte, drückt sie doch - zumindest teilweise - das Festhalten an Traditionen im Schwabenland aus: Eines Sonntags war Martin zu Besuch in Balingen. Wir saßen noch zum Frühstück am Küchentisch, der Gottesdienst ertönte aus dem Radio, als meine Mutter zum Telefon schlich. Durch die offene Küchentür konnten wir das Gespräch dennoch gut mitverfolgen. Wir begriffen schnell, dass sie mit dem Vikar der Gemeinde aus der besagter Gottesdienst übertragen wurde, verbunden war. Zuallererst eröffnete sie dem Herrn, dass sie mit der Kirche herzlich wenig am Hut habe und mittlerweile nur noch alle Jubeljahre ein Gotteshaus von innen betrachten würde. Gleichwohl wären ihr bestimmte Grundsätze einfach wichtig, z.B. die Art und Weise wie das „Vater Unser“ gebetet wird. In der Übertragung hatte sich der Pfarrer da wohl eine Extratour raus genommen. Meine Mutter war jetzt ganz schön in Fahrt gekommen: "Was glaubt denn eigentlich der Klugscheißer, will der jetzt neue Sitten einführen?“ Wenn man dem Bericht meiner Mutter Glauben schenkt, war der Vikar ganz ihrer Meinung und wollte die Beschwerde postwendend weiter leiten. Jedenfalls kam Mutti bester Stimmung zurück in die Küche, ignorierte unsere verwunderten bis konsternierten Mienen geflissentlich und bereitete uns wie immer ein leckeres Mittagessen.
Jetzt singt grade Hans Albers "Good bye Johnny" im Wohnzimmer und tröstet mich ein wenig: "Bricht mir auch heut das Herz entzwei, in hundert Jahren ist alles vorbei."
Zudem wäre es gefährlich, an dieser Stelle allzu negativ über die Beiden abzulästern, weil diese rüstigen Rentner bekanntermaßen nicht nur auf Teneriffa sondern auch im Internet unterwegs sind. Streng genommen ist es auch gar nicht so, dass sie mich stören würden, es sind mehr ihre Angewohnheiten. Heute Vormittag beispielsweise schallte eine nervenzehrende Arie durchs Haus - in ohrenbetäubender Lautstärke! Verkehrte Welt, dachte ich mir, normalerweise stören sich doch eher Eltern am Musikgeschmack ihrer Kinder. Grade als ich dachte, ich hätte es hinter mir, folgte die Übertragung eines Gottesdienstes im Deutschlandfunk...
Dazu kommt mir eine Anekdote in den Sinn, die auch für die Leser/innen des Schwabengulag interessant sein könnte, drückt sie doch - zumindest teilweise - das Festhalten an Traditionen im Schwabenland aus: Eines Sonntags war Martin zu Besuch in Balingen. Wir saßen noch zum Frühstück am Küchentisch, der Gottesdienst ertönte aus dem Radio, als meine Mutter zum Telefon schlich. Durch die offene Küchentür konnten wir das Gespräch dennoch gut mitverfolgen. Wir begriffen schnell, dass sie mit dem Vikar der Gemeinde aus der besagter Gottesdienst übertragen wurde, verbunden war. Zuallererst eröffnete sie dem Herrn, dass sie mit der Kirche herzlich wenig am Hut habe und mittlerweile nur noch alle Jubeljahre ein Gotteshaus von innen betrachten würde. Gleichwohl wären ihr bestimmte Grundsätze einfach wichtig, z.B. die Art und Weise wie das „Vater Unser“ gebetet wird. In der Übertragung hatte sich der Pfarrer da wohl eine Extratour raus genommen. Meine Mutter war jetzt ganz schön in Fahrt gekommen: "Was glaubt denn eigentlich der Klugscheißer, will der jetzt neue Sitten einführen?“ Wenn man dem Bericht meiner Mutter Glauben schenkt, war der Vikar ganz ihrer Meinung und wollte die Beschwerde postwendend weiter leiten. Jedenfalls kam Mutti bester Stimmung zurück in die Küche, ignorierte unsere verwunderten bis konsternierten Mienen geflissentlich und bereitete uns wie immer ein leckeres Mittagessen.
Jetzt singt grade Hans Albers "Good bye Johnny" im Wohnzimmer und tröstet mich ein wenig: "Bricht mir auch heut das Herz entzwei, in hundert Jahren ist alles vorbei."
birgit_in_schwaben - 13. Mai, 13:55