Faschtenzeit

Mehr noch als Weihnachten ist Ostern das Fest, das urschwäbische Tugenden – oder Untugenden, je nach Sichtweise – zutage fördert. Mit seiner Gemengelage aus katholischem Brimborium und protestantischer Verzichtsethik trifft der Osterkult den Nerv der Schwaben – und spiegelt so auch die religiöse Zerrissenheit des Schwabenlandes mit seinen eng beieinander liegenden katholischen und evangelischen Sprengseln ganz gut wider (um noch einmal auf den gestrigen Post zurück zu kommen: eine wichtige Voraussetzung für das Papstamt brachte Herr Filbinger – neben seiner Mitgliedschaft in einer NS-Organisation in der Jugend – immerhin mit: er war katholisch!).
Nahezu alle Aspekte des Schwabentums finden sich im Osterfest: Vom Autofasten als einer modernen Adaption war in den letzten Tagen bereits zu hören; aber auch das Erben (über dieses Thema wird an dieser Stelle in näherer Zukunft gesondert zu sprechen sein) kommt vor, denn unzweifelhaft hatte der Tod des Herrn Jesus auch materielle Folgen; Bausparverträge – der Herr Jesus war Zimmermann! Sparsamkeit: er verzichtete beim Transport des Kreuzes auf mechanische Hilfsmittel. Vereinzelt ist sogar die Meinung zu hören, dass der Begriff „Kehrwoche“ sprachlich aus der Karwoche hergeleitet werden kann.
Womit das Zentrum des Osterkults angesprochen wäre: Die Leiden des Herrn Jesus und die Folgen, die die Gläubigen daraus ableiten. An erster Stelle ist der Verzicht zu nennen, der sich im Fasten äußert. 40 Tage dauert die Fastenzeit (wobei ich beim genauen Nachzählen auf ein paar Tage mehr gekommen bin). Sie beginnt am Aschermittwoch und dauert bis Ostern. Nach Eingeständnis der Kirche bereiten sich die Gläubigen damit auf die Auferstehung des Herrn Jesus von den Toten vor – ein Ereignis, das sich mit vollem Magen offenbar schwer ertragen lässt.
Verboten sind in dieser Zeit vor allem Fleisch und Wein. Eine Mahlzeit am Tag ist immerhin erlaubt, wobei der Sonntag eine Ausnahme bildet. Dann darf gevöllt werden. Nach modernerer Lesart sind nur noch der Aschermittwoch und der Karfreitag strenge Fasttage.
Die Schwaben – Cleverles von jeher – hatten allerdings schon früher ihre Strategien im Umgang mit religiösem Fundamentalismus entwickelt: Die Erfindung der Maultasche ist eine Antwort auf allzu rigide Verbote: Schließlich sieht der Herrgott (und selbsternannte irdische Erfüllungsgehilfen) nicht, dass sich innen eine Fleischfüllung befindet. Eine weitere Regel besagt, dass Speisereste, die sich zu Beginn der Fastenzeit noch in Zahnritzen befinden, hinterher runtergeschluckt werden dürfen. Das ist nicht ganz im Sinne moderner Vorstellungen von Mundhygiene – doch Hauptsache, man weiß sich zu helfen, gell?

schwabengulag

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